Tag 06: bis Guimiliau

Wir planen, ab Trégastel die restliche Rosengranitküste gen Westen abzufahren, um dann in der Gegend von Roscoff unser nächstes Rastlager aufzuschlagen.

Kaum sind wir einige Minuten vom Ü-Platz entfernt, sehen wir ein braunes Schild (noch innerhalb von Trégastel-Plage), das uns einen Dolmen verspricht. Nichts wie hin, denken wir, und folgen dem Schild. 10 Minuten später wissen wir:

Vertraue nie einem Schild mit dem Hinweis auf einen Dolmen! 1-spurige Fahrbahn, nur im Schritt-Tempo zu befahren, da sonst entweder alle Gläser, Tassen und Teller Tango tanzen oder das ganze Wohnmobiloberteil sich wie unter Gigantenhand verwindet; hohes Gebüsch auf beiden Seiten, Gegenverkehr nicht möglich. Am Ende der Straße ein braunes Schild, das uns den Dolmen verspricht. Allerdings weist es in die Straße, aus der wir eben gekommen sind. Fazit: Ein Schild fehlt. Irgendwo in der Mitte. Verpasst? Verpasst!

Irgendwie (frag' nicht wie) erreichen wir wieder die Küstenstraße und kommen in Trébeurden vorbei, wo ein übervoller Ü-Platz Wohnmobilen eine sichere Nächtigung gewährt. Allerdings ist auch heute wieder Sommer und auch heute sind noch französische Sommerferien. Also... stehen heute sogar Wohnmobile außerhalb und auf den Zufahrtsstraßen. Na ja, wer's mag!

Über Lannion, das im Landesinneren liegt, kommen wir erst wieder in St-Michel-en-Grève an die Küste. Doch was sehen unsere entzündeten Augen? Statt Sand ist in dieser außerordentlich weit gespannten Bucht eine grüne Wiese, oder sieht das nur so aus?



Ja, es sieht nur so aus:



Zwei kleine Menschen in großen Maschinen versuchen, der Algen Herr zu werden. Oder deute ich es falsch? Werden hier Algen gezüchtet, um sie abzugrasen, zu waschen und sie in einer Algenfabrik in Kosmetika und Lebensmitteln zu verwenden? Wer es weiß, schreibt mir eine Mail!



Wir lassen unser Hymermobil Richtung Roscoff traben, davon die letzte Strecke auf einer vierspurigen Schnellstraße. In Roscoff soll ein Ü-Platz sein. Doch bitterlich werden wir enttäuscht: Sehr wenige Stellplätze, mit dicht an dicht stehenden Mobilen, und das schon mittags. Zum Rangieren scheint hier gar kein Platz zu sein.

Was tun? Auf dem Weg zu diesem Ü-Platz an der Landspitze sind wir am Riesen-Parkplatz der Fähre nach Großbritannien



vorbeigekommen, wo wir erst mal Luft holen, um zu planen, was zu tun ist.



Pech, dass ausgerechnet hier für Wohnmobile enge Vorschriften gelten:



Man sollte also wissen, wann Fähren kommen und sich entsprechende Ausreden überlegen, wenn man hier längere Zeit stehen will.

Wir machen uns aber auf den Weg und suchen einen anderen Platz zum Übernachten. Bei einem Friedhof auf dem Weg zurück nach Süden finden wir eine städtische Informationstafel, die einen weiteren offiziellen Ü-Platz ausweist. Er soll sich in der Bucht westlich von Roscoff befinden. Wir folgen einem entsprechenden Schild, doch dann werden wir alleine gelassen, weil deren weitere fehlen. Ich lande hintereinander in einem Bauernhof (Sackgasse) und muß wenig später in einer immer enger werdenden Straße umdrehen, bevor die Hecken des Wohnmobils Seiten zerkratzen.

Irgendwie schaffe ich es, an einer seichten Bucht



die gerade trocken liegt, weil das Meer wieder woanders Party macht, einen wunderschönen ruhigen Ü-Platz zu finden, der "Aire du Laber" genannt wird:



Von hier fährt man (z.B. mit dem Fahrrad) 3 km ins Zentrum. Das Wetter ist so dolle nicht, und so ziehen wir weiter Richtung Süden, nicht ohne den kostenlosen Stellplatz (mit V/E) noch genau anzusehen:





Für gruseliges Wetter haben wir etwas gruseliges vorgesehen: Die "enclos paroissial", die umfriedeten Pfarrbezirke (siehe auch Bretagne-Buch auf Seite 121 ff.).


Schön, dass es noch solch alte Stein-Schilder gibt! Sie erinnern an die gute alte Zeit, als es noch nicht so viele Wohnmobile gab, und man ohne weiteres seinen eigenen Ü-Platz aufmachen konnte. Schild aufgepickt in Guimiliau


In Lampaul-Guimiliau finden wir genau das, was wir suchen: Keinerlei Wohnmobile, nicht mal französische, auf einem ebenen, ausgezeichnet ausgestatteten Ü-Platz mit V/E-Station:



Wir holen uns erst einmal ein Weißbrot vom örtlichen Bäcker



Auf dem Pfarrbezirk können wir gleich bretonisch lernen, denn auf dem Kriegerdenkmal des 1. Weltkrieges steht folgendes:



In der Kirche von Lampaul-Guimiliau spielt man, was man heute als "chill-out-Musik" kaufen kann: Choralgesänge auf lateinisch mit Instrumentalbegleitung und Schlagzeug. Das ergibt eine eigenartige Stimmung in diesem uralten Gemäuer. Hier einige Impressionen von Kirche und Pfarrbezirk:




Wasserspeier, durch neumodische Dachrinne seiner ursprünglichen Funktion beraubt

Nur wenige Kilometer weiter erreichen wir Guimiliau mit seinem weithin bekannten enclos paroissial. Ich schreibe allerdings hier nicht viel darüber, da das Bretagne-Buch sich genügend damit befasst.

Hier die wichtigsten Ansichten vom Pfarrbezirk und dem Kircheninneren:








Das Foto oben ist in jedem einigermaßen ernsthaften Bretagne-Führer zu finden, aber nicht wegen der Abendmahlszene unten, sondern wegen der prallbusigen Dame, die wohl irgend etwas angestellt hat (bitte nachlesen!), weil sie von Kerkerhelfern dem Ungeheuer zum Fraß vorgeworfen werden soll:



So ist auch obiges Foto das begehrteste Fotomotiv aller (männlichen) Pfarrbezirks-Besucher. Dies hier:



zieht da schon weniger.

Auch die Kunst im Kircheninneren kann sich sehen lassen:





Manchmal muß man schon genau hinsehen (oder daheim die Lupe nehmen), um die Kunstfertigkeit der Handwerker zu würdigen, die an der Kirche arbeiteten:



Manchmal kann man sich auch als Kirchenbaumeister einen kleinen Gag erlauben, indem man z.B. seine Freundin (oder so) in die Kirchenwand hineinmodellieren lässt:



Übrigens: Wenn auf dem Friedhof kein Platz mehr ist für neue Leichname waren, wurden in der Vergangenheit einfach die ältesten Gräber aufgebrochen, die Knochen ins Beinhaus verbracht und dort säuberlich verwahrt:



Nach so viel Kultur und gruseligen Darstellungen machen wir einen kleinen Rundgang durch den Ort, vorbei an der Kneipe



und schönen Gärten



bis wir auf unserem kostenlosen Ü-Platz an der Mehrzweckhalle ankommen.



Der "salle polyvalente" und der Ü-Platz sind gut ausgeschildert, wobei man quasi mit der Kirche rund ums Dorf geführt wird. Natürlich gibt es hier auch V/E, und ja, auch die ist kostenlos.

TIPP: Wenn es regnet, nicht unter den Bäumen parken. Statt eines einschläfernden Getröppels auf dem Womodach entladen sich die nassen Zweige des Fichtenbaumes in sehr lauten Schwällen von Wasser und erzeugen dadurch ein schlafstörendes, sehr dynamisches Lärmorchester.

Hinweise / FAQ



Warum werden die Tage nicht aufsteigend angezeigt, sondern absteigend?
Diese Aufzeichnung ist -technisch gesehen- ein Blog, kein Tagebuch. Also kommt zuerst immer der jüngste Eintrag. Wer es gerne wie ein Tagebuch hätte: Im Blog-Archiv (auf jeder Seite unten zu finden) sind alle Beiträge chronologisch aufsteigend geordnet.

Navigation:
Zum nächsten Tag weiterschalten am Ende der Seite links mit "Neuerer Post". Einen Tag zurück rechts auf der Seite mit "Älterer Post". Gezielt einen Tag anspringen im Blog-Archiv. Auf den Pfeil vor dem Datum klicken: Hier wird der Übernachtungsort des jeweiligen Tages angegeben.


Hinweis für die Internet-Version:
Um die Bilder zu vergrößern, bitte auf das Vorschaubild klicken.
Zurück zum Text mit dem "zurück"-Knopf des Browsers.
Tipp: Die Einstellung "Diaschau" ermöglicht die Vergrößerung auf Monitorformat (+ Taste F11 im Firefox-Browser)!


Abkürzungserläuterung:
Ü-Platz = Übernachtungsplatz bzw. Stellplatz
V/E: Ver- und Entsorgung. Hier gibt es Frischwasser. Toilette und/oder Abwasser können entsorgt werden.

Impressum